Reflektoren haben Standards - was macht einen Reflektor zu einen GUTEN Reflektor?
Mit diesem Blog möchte ich euch erklären, weshalb Reflektoren eine ernst zu nehmende Schutzausrüstung auf den dunklen Straßen sind. Es gibt auf EU-Ebene sogar Standards, die beschreiben, welche Eigenschaften ein GUTER Reflektor zu haben hat.
Dieser Text ist geschrieben von meinem Mitstreiter in Österreich, der die gleiche Leidenschaft für Reflektoren und mehr Sichtbarkeit im Dunkeln hat wie ich - Rudolf Schwarz. Er hat auch ein Buch über Reflektoren geschrieben. Dieser Blog ist ein Auszug aus seinem Buch.
Über die Arbeit von Rudolf Schwarz erfahrt ihr mehr unter
https://www.ideen-box.eu/reflektoren-fuer-fussgaengerinnen/
Die Normen EN 13356, EN 17353, EN ISO 20471 regulieren das Aussehen und das Tragen der Reflektoren.
Reflektoren werden hergestellt, beworben und getragen – welche gesetzlichen Regulierungen gibt es? Es gibt Normen: Normen legen Standards fest, die rechtlich nicht bindend sind. Trotzdem orientieren sich Hersteller, und, im Falle von Prozessen, auch Gerichte an diesen Richtlinien, sie gelten als Standard. Die Norm EN 17353 (früher EN 13356) beschreibt Schutzkleidung – Ausstattung zur erhöhten Sicherheit für mittlere Risikosituationen (unter anderem Reflektoren). Die Norm EN ISO 20471 beschreibt Hochsichtbare Warnkleidung (unter anderem Warnwesten).
Normen definieren technische Eigenschaften, die reflektierende Elemente haben müssen, um der Norm zu entsprechen. Dazu werden typische Ausführungen von Reflektoren beschrieben. Im Fall der von den Herstellern oft angegebenen EN 13356, die mittlerweile durch EN 17353 ersetzt wurde, sind das (unter anderem) drei Typen:
- Typ B1: frei hängende Reflektoren in Bewegung
- Typ B2: Reflektoren an den Gliedmaßen, dadurch ebenfalls in Bewegung
- Typ B3: Reflektoren am „Torso“, statisch, ohne Bewegung
Es werden jeweils die Mindestgrößen angegeben und die Mindestrückstrahlwerte (und noch einiges anderes wie Reinigung etc.).
Es sind also drei Parameter, drei Werte, die den Ausschlag geben:
- Bewegung
- Größe
- Rückstrahlwert
Bewegung: Bei Typ B1 und Typ B2 geht die Norm davon aus, dass sie „in Bewegung“ getragen werden. Bei Anhängern kommt die Bewegung des Gehens über eine Kordel, Kette etc. mit einer Mindestlänge von 10 cm, an der die Anhänger frei baumeln, an jeder Seite des Körpers einer. Reflektoren auf den Gliedmaßen sind immer in Bewegung.
Größe: Anhänger (Typ B1) haben mindestens 30 cm², für Vorder- und Rückseite zusammen, und es müssen zwei Anhänger getragen werden, auf jeder Seite des Körpers einer. Reflektoren für die Gliedmaßen (Typ B2) müssen mindestens 180 cm² Fläche haben. Das gilt wiederum für zwei – für jede Seite einer – gemeinsam.
Rückstrahlwerte: Diese sind technisch präzise festgelegt. Man kann davon ausgehen, dass Produkte die Norm erfüllen, wenn diese in ihrer Produktbeschreibung angegeben ist. (Das Nachprüfen wäre technisch äußerst anspruchsvoll.)
Wenn man die Norm-Werte erreicht, ist man einigermaßen sicher unterwegs. Wie sicher ist „sicher“?
3M, der bedeutende amerikanische Produzent von reflektierenden Folien für viele Anwendungen, schon seit 1939 mit diesem Thema befasst, weist in seinen Produktbeschreibungen darauf hin: „Kein Reflexmaterial kann absolute Sicherheit garantieren.“
Leider ist es eine Tatsache: Selbst Menschen in Warnwesten wurden schon überfahren. Es empfiehlt sich daher immer, auch mit den Fehlleistungen anderer zu rechnen und zusätzlich einen Sicherheitsabstand einzuhalten, wo es möglich ist. Und in besonderen Situationen auch alle Fahrzeuge zu beobachten, um selbst ausweichen zu können.
„Reflektoren nützen alleine nicht, wenn man sich nicht "sicherheitsbewusst verhält". Fußgänger sollen daher möglichst Blickkontakt mit dem Autofahrer halten, so ein Sicherheitstipp des Kuratorium für Verkehrssicherheit (Österreich).
Der Beweis für die Wirksamkeit
Sicherheitsexperten weisen meistens darauf hin, dass mit Reflektoren etwa 50 % der Unfälle vermeidbar wären. Die Veränderung, die Reflektoren bewirken, konnte gemessen und nachgewiesen werden. Zwar nicht bei Reflektoren, sondern bei Warnwesten. Der Wirkungsmechanismus ist aber in beiden Fällen der gleiche.
Im Jahr 2005 wurde ein Gesetz in Österreich eingeführt, das Autofahrende, die ihr Auto auf einer Landstraße verlassen, verpflichtet eine Warnweste zu tragen. Die Zahl dieser Art von Unfällen sank in den darauf folgenden Jahren tatsächlich auf weniger als die Hälfte. Dieses Gesetz gibt es in vielen Ländern Europas.
Reflektoren – ihre Wirkungen, genauer betrachtet
Die Normen geben realistische und sinnvolle Werte vor. Doch werden diese in der Praxis auch erreicht? Sehen wir genauer hin, wie Reflektoren in der Realität, im Alltag eingesetzt werden:
- Das wichtige Element Bewegung - „Bio-Motion“
Anhänger sollen laut Norm frei baumelnd und in ständiger Bewegung getragen werden. Doch viele tragen ihre Anhänger an einem Kleidungs- oder Gepäckstück anliegend. Dabei geht das Element Bewegung zum großen Teil verloren. Bewegung ist, nach dem Licht, das zweitstärkste Element, um Aufmerksamkeit zu erlangen.
Ein Reflektor in Bewegung erzeugt viel mehr Aufmerksamkeit als in Ruhe. Das Licht eines unbewegten Reflektors fällt weniger auf. Lichtpunkte in Bewegung sieht man früher.
Noch mehr Aufmerksamkeit schafft eine Bewegung, die man schon kennt. Eine Tragtasche lässt das Schwingen des Armes beim Gehen erkennen. Reflektoren an den Beinen kommunizieren spontan: hier geht oder läuft jemand. Oder fährt mit dem Fahrrad.
Die am weitesten erkennbare Bewegung dürfte jene von Läufer*innen und Radfahrer*innen sein, wenn sie Reflektoren an den Knöcheln tragen.
„Die Wahrnehmung von Radfahrern mit Biomotion-Konfiguration (ist) wesentlich besser als diejenige beim bloßen Tragen einer Warnweste mit Reflektorstreifen", so die Studie an einer schwedischen Universität. (Quelle 1)
- Richtungs-Denken
In welche Richtung ist mein Reflektor aktiv? Nach vorne – das ist wichtig, denn wenn man richtig unterwegs ist, geht man dem Verkehr auf der linken Straßenseite entgegen. Zur Seite – seitlicher Schutz ist ebenso wichtig, um beim Überqueren der Fahrbahn gesehen werden. Die Reflexion nach hinten mag weniger wichtig erscheinen, aber manchmal überquert man eine Straße schräg, und dann könnte auch diese Richtung ins Spiel kommen. Man sollte immer mitdenken, in welchen Richtungen ein Reflektor tatsächlich wirkt – und in welche er wirken sollte.
Wichtiges Fazit: meistens sind zwei Reflektoren notwendig.
In der Norm 17353 ist von zwei Reflektoren die Rede. Viele Anhänger und Schnappbänder kommen daher auch im Doppelpack (ohne nähere Begründung).
Auch bei Schnappbändern (Slapwraps) gilt es zu bedenken, ob sie gut zu sehen sind – an den Beinen ist das der Fall, ebenso an den Oberarmen und am Handgelenk.
Die Größe der reflektierenden Fläche
Ein zu kleiner Reflektor sollte nicht dazu führen, dass man sich damit zu sehr in Sicherheit wiegt. Anhänger, die der Norm EN 17353 (oder EN 13356) entsprechen, haben die geforderte Mindestgröße 15 cm/2 per Seite.
Schnappbänder erreichen ihre vorgesehene Wirksamkeit nur dann, wenn sie in ihrer vollen Fläche (also etwa aus rechtem Winkel auf die Fläche) sichtbar sind, wie das bei dem Tragen auf den Knöcheln oder Unterschenkeln der Fall ist. Werden Schnappbänder an den Handgelenken getragen, so ist eine gute Sicht bei einem Läufer mit typischer Laufhaltung nur von der Seite her gegeben. Von vorne und hinten ist von Schnappbändern nur wenig sichtbar.
Anmerkung von Funkeln im Dunkeln:
Die Reflektoren (ausser dem Reißverschlussanhänger), die bei Funkeln im Dunkeln verkauft werden, entsprechen alle der Norm EN 17353 und 13365 und werden in Finnland und Estland hergestellt.